DSLV kritisiert fehlende Planungssicherheit und fordert spätere Inkraftsetzung
Lkw-Maut: Schlechtes Timing für CO₂-Aufschlag
Trotz der bereits zum 1. Dezember 2023 geplanten Verdopplung der Gebührensätze wird die Lkw-Maut in den kommenden Jahren als CO₂-Lenkungsinstrument weitgehend wirkungslos bleiben. Von der Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes wird zunächst vor allem der Bundeshaushalt profitieren und nicht die Klimabilanz des Straßengüterverkehrs. Dies macht der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik im Vorfeld zur Verabschiedung des Dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften durch das Bundeskabinett erneut deutlich.
Ein streckenabhängiger CO₂-Preis ist neben der initialen Förderung von Investitionen in batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Lkw ein grundsätzlich geeignetes Steuerungsinstrument, um die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrssektors voranzutreiben. Doch angesichts derzeit noch fehlender marktfähiger Alternativen sind zu diesem frühen Einführungszeitpunkt zunächst nur wachsende Staatseinnahmen, steigende Logistikkosten und höhere Verbraucherpreise unmittelbare Folgen der CO₂-Maut.
„Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf macht die Bundesregierung den zweiten Schritt vor dem ersten“, so DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. „Die steigenden Einnahmeerwartungen des Bundes aus den CO₂-basierten Wegekosten für den Schwerlastverkehr zeigen, dass selbst die Bundesregierung nicht mit einer schnellen Umstellung der Lkw-Flotten auf alternative Antriebe rechnet“, stellt Huster mit Verweis auf den Referentenentwurf des Änderungsgesetzes fest.
Dem Entwurf zufolge bleiben die erwarteten Mautmehreinnahmen aus der CO₂-Bepreisung in Höhe von mehr als 6,5 Milliarden Euro jährlich bis zum Jahr 2027 konstant.
„Es geht nicht darum, die wichtige Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit zu verzögern. Aber die Auswirkungen der Gesetzgebung sind weder mit der aktuellen Konjunkturlage noch mit den organisatorischen und technischen Einsatzfähigkeiten synchronisiert“, kritisiert Huster. „Es gibt ausreichend Gründe dafür, dass der Bundesverkehrsminister seine im Gesetzesentwurf bereits verankerte Ermächtigung nutzt, die CO₂-basierten Mautteilsätze zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft zu setzen. Sachlich gerechtfertigt ist nach wie vor der 1. Januar 2025.“
Denn die voraussichtlich sehr späte Verabschiedung des Mautänderungsgesetzes setzt die Logistikbranche und ihre Kunden zusätzlich unter Planungsdruck.
Huster: „Es gibt keine Sicherheit. Falls sich das offensichtlich parteipolitisch motivierte Tauziehen in der Ampel und das anschließende parlamentarische Verfahren noch bis zum Herbst hinziehen, bleiben zwischen Verkündung des Gesetzes und Inkrafttreten zum 1. Dezember 2023 nur wenige Wochen. Dadurch bleibt faktisch keine Zeit mehr für interne Prozessanpassungen und Preisgespräche mit den Logistikkunden.“
Neben der Wucht, mit der die Mautsätze ausgerechnet während einer Rezessionsphase erhöht werden sollen, droht das viel zu enge Zeitfenster die Unternehmen zu überfordern.
Auch inhaltlich bleibt das Dritte Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften unvollständig. Weder ist die im Koalitionsvertrag vereinbarte Befreiung der Zu- und Ablaufverkehre des Kombinierten Verkehrs von der Mautpflicht enthalten, noch wird die politische Zusage eingelöst, die Unternehmen von der mehrfachen CO₂-Belastung aus Maut und nationalem Emissionshandel zu entlasten. In dem Artikelgesetz fehlt ebenso ein Anrechnungssystem für alternative Kraftstoffe. Vor allem mit dem Einsatz von HVO100, Bio-LNG und Bio-CNG kann der Straßengüterverkehrssektor sofort und bis zur vollständigen Marktetablierung elektrischer und wasserstoffbetriebener Lkw einen Beitrag zur CO₂-Vermeidung leisten.
„Der Einsatz des Bundesverkehrsministers für alternative Kraftstoffe auf europäischer Ebene muss sich jetzt auch in der deutschen Gesetzgebung begünstigend auswirken“, fordert Huster.
Anreize für die ökologische Transformation des Straßengütertransportsektors entstehen durch einen ausgewogenen Mix aus öffentlicher Förderung und legislativem Druck – sofern diese dosiert und zum richtigen Zeitpunkt gesetzt werden. Durch CO₂-Mautaufschläge soll das derzeitige Kostendelta zwischen Diesel-Lkw und alternativ angetriebenen Nutzfahrzeugen verkleinert werden.
„Solange aber die Energienetze in Europa nicht vorausschauend ausgebaut sind, wird keine Spedition trotz hoher Kostenbelastungen für fossile Antriebe und Investitionsunterstützungen für neue Technologien in teure H2- oder E-Lkw investieren können“, gibt Huster zu bedenken und fordert: „Die zusätzlichen Mauterlöse müssen auch in die Haushaltstitel zur gezielten Finanzierung der KsNI-Förderprogramme für den Aufbau von Lade- und Betankungsinfrastrukturen zurückfließen.“
Quelle: DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V.