Arbeitsmarktexpertin: EM-Sommermärchen am Stellenmarkt?
Transportbranche treibt deutschen Stellenmarkt an
- Indeed-Ökonomin Dr. Annina Hering analysiert Stellenmarkt in Deutschland im Juni 2024
- Anzahl Stellenausschreibungen steigt leicht im Vergleich zum Vormonat an
- Jobmarkt-Expertin sieht möglichen EM-Effekt, warnt aber vor voreiligem Optimismus
Nachdem sich die Nachfrage nach Personal in diesem Jahr bislang ausschließlich im Sinkflug befunden hat, ist der Jobmarkt in Deutschland seit dem Tiefpunkt Ende Mai um 1,8 Prozent gewachsen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Analyse von Dr. Annina Hering, Ökonomin und Arbeitsmarktexpertin bei der Jobseite Indeed.
„Es ist durchaus möglich, dass wir während der Fußball-Europameisterschaft ein Sommermärchen am Stellenmarkt erleben. Von einer allgemeinen Trendumkehr kann bislang aber noch keine Rede sein”, meint Dr. Annina Hering. Seit 2017 erforscht sie im Auftrag von Indeed Trends und Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt mit nationaler und globaler Relevanz.
Gastronomie, Einzelhandel und Transportbranche sind Treiber für das Wachstum am Stellenmarkt
“Die positive Entwicklung des deutschen Stellenmarkts im Juni kann durchaus im Kontext der ausgerichteten Fußball-Europameisterschaft stehen. Getrieben wird das Jobmarkt-Wachstum nämlich unter anderem von konsumabhängigen Branchen wie der Gastronomie und dem Einzelhandel. In beiden Bereichen ist die Nachfrage nach Personal im Vergleich zum Mai um über 3 Prozent angestiegen und liegt somit deutlich über der Entwicklung am Gesamtmarkt. Dies ist auch insofern relevant, als die Gastronomie und der Einzelhandel gemeinsam für mehr als 13 Prozent aller Stellenausschreibungen bzw. fast jede achte Stellenanzeige in Deutschland stehen”, erläutert Dr. Annina Hering von Indeed und ergänzt:
“Für einen positiven EM-Effekt spricht auch die Tatsache, dass der Jobmarkt in den vergangenen Jahren im Juni nicht immer positiv reagiert hat. Sollte das deutsche Team lange im Turnier bleiben und möglicherweise sogar Europameister werden, kann sich das zudem durchaus auch auf die zukünftige Entwicklung am Stellenmarkt auswirken. Schließlich könnte die positive Stimmung im Land das Konsumklima nachhaltig antreiben und somit indirekt dazu führen, dass Unternehmen wieder mehr Neueinstellungen planen.
Aktuell ist es allerdings noch so, dass in 24 der 28 von uns analysierten Berufsgruppen weniger Stellen ausgeschrieben wurden als im Vorjahr. Diesbezüglich sticht lediglich das Transportwesen besonders hervor, da es in diesem Bereich sogar über 10 Prozent mehr Stellenangebote gibt als im Juni 2023. Angesichts der Probleme bei der Personenbeförderung, die während der EM bereits für internationale Aufmerksamkeit gesorgt haben, überrascht der hohe Personalbedarf im deutschen Transportwesen nicht. Es ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass die größte Gefahr für unsere Wirtschaft und Infrastruktur der Arbeitskräftemangel ist.
Wir können aus unseren Daten derzeit trotzdem noch nicht erkennen, dass deutsche Unternehmen in Zukunft wieder mehr Personal einstellen. Gegen eine Trendumkehr am Arbeitsmarkt spricht etwa die Tatsache, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften im Personalbereich im Juni erneut zurückging – sogar um 4,6 Prozent. Wenn Unternehmen vorsichtig im HR-Bereich planen, ist dies in der Regel ein Indikator dafür, dass sie generell weniger Neueinstellungen planen. Ob es tatsächlich ein sportliches und auch ökonomisches Sommermärchen in Deutschland gibt, werden also erst die kommenden Wochen und Monate zeigen.”
Die Hintergründe der Stellenmarkt-Analyse von Indeed
Um die Entwicklung am deutschen Stellenmarkt zu überprüfen, erfasst und analysiert die Ökonomin Dr. Annina Hering den Indeed Arbeitsmarkt Index. Der Index analysiert Stellenanzeigen, Gehälter sowie den Anteil von Stellen mit Homeoffice-Option auf der Basis von mehreren Millionen ausgeschriebenen Stellenausschreibungen in sieben Ländern. Diese Stellenanzeigen werden entweder direkt auf Indeed veröffentlicht oder von der Plattform über die Karrierewebseiten von Unternehmen aggregiert. Indeed liefert damit eine Datengrundlage, mit der beinahe in Echtzeit die Entwicklung an den Arbeitsmärkten nachvollzogen und interpretiert werden kann. Der Index wird von den Ökonom*innen des Indeed Hiring Labs geführt und steht in Deutschland unter der Leitung der Ökonomin und Arbeitsmarktexpertin Dr. Annina Hering.
Quelle und Bildquelle: Indeed Inc.