15. Anschlussbahnleitertagung in Fulda

  • AnschlussBahnProfis  - logo136 Teilnehmer nutzten hybride Netzwerkveranstaltung rund um den Gleisanschluss

Am 27.11.2024 haben 136 Teilnehmer vor Ort in Fulda und online an der hybrid durchgeführten 15. Fachtagung für Anschlussbahnleiter teilgenommen, um sich weiterzubilden und ein umfassendes Bild über die aktuellen Anforderungen an den Betrieb von Gleisanschlüssen zu machen. Auf die Fachtagung eingestimmt haben sich die Teilnehmer mit dem traditionellen Anschlussbahnleiter-Stammtisch, der am Vorabend stattfand und den Teilnehmern vor allem auch eine gute Plattform zur Pflege und zum Ausbau ihrer Netzwerke bietet.

Anschlussbahnleitertagung

Szenenfoto Anschlussbahnleitertagung

Den Teilnehmern wurde ein bewährter Mix aus politischen, rechtlichen und technischen Themen geboten. Den Auftakt machte der Online-Vortrag von Jürg Wendler (Referat E 13 – Güterverkehr, DAK, Förderrichtlinien) vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zum Thema „Die Gleisanschlüsse und die Verkehrspolitik des Bundes – Rück- und Ausblick“. Er skizzierte die Entwicklung der seit 2004 bestehenden Förderrichtlinie des Bundes für Gleisanschlüsse und weiterer Fördermaßnahmen für den Schienengüterverkehr über Anschlussbahnen und Terminals und Häfen. Von 2017 bis 2022 sei der Mittelabruf kontinuierlich von 4 Mio. EUR auf über 20 Mio. EUR gestiegen. Der Einbruch auf nur noch ca. 11,5 Mio. EUR im Jahr 2023 werde im Rahmen der laufenden Evaluation untersucht, die auch eine allgemeine Wirkungsanalyse beinhalte. Denkbar sei dabei auch, dass künftig auch Modernisierungen förderfähig werden. Schon jetzt beträfe die Hälfte der Anträge und Bescheide Ersatzinvestitionen, was erst seit der letzten Novellierung 2021 möglich ist.

Im Anschluss folgte der Vortrag „Aktuelles Eisenbahnrecht – Aktuelle, bevorstehende und geplante Änderungen sowie ausgewählte behördliche und gerichtliche Entscheidungen aus Sicht der Werks-/Anschlussbahnen“ von rof. Urs Kramer von der Universität Passau. In seiner Präsentation gab er dabei auch einen Überblick über Regulierungen, die nicht direkt Anschlussbahnen betreffen wie die Novellierung des Bundesschienenausbaugesetzes (BSWAG), aber indirekt durch verstärkte Bauvorhaben den Schienengüterverkehr allgemein beeinflussen. Anschließend ging er auf die sich nun im Trilog befindliche EU-Kapazitätsverordnung (2023/0271/COD) ein, die Auswirkung auf die aus EU-Sicht immer noch zu stark national geprägten Bahnnetze haben werde, was z.B. dann auch die angestrebte Verknüpfung von Trasse und Serviceeinrichtung beträfe. Weitere Themen waren die Neuerung des „überragenden öffentlichen Interesses“ zur Einschränkung der Freistellung von Grundstücken von Bahnbetriebszwecken, wogegen die Stadt Stuttgart wegen Verletzung ihrer kommunalen Planungshoheit eine Verfassungsbeschwerde angekündigt habe , und die Pflicht eines Betreibers von Schienenwegen und Serviceeinrichtungen zur Koordinierung. Er schloss mit einem brisanten Urteil des OVG Münster ab, das sich mit der Frage befasse, ob Eisenbahnbetriebsleiter als Prüfer für Triebfahrzeugführer anerkannt werden müssten, auch wenn diese selbst nicht über einen Triebfahrzeugführerschein und keine Zusatzbescheinigung verfügen, was dem Bedeutungsverlust des Eisenbahnbetriebsleiters nach Ansicht des Klägers weiter Vorschub leisten könne.

Georg Lennarz vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen berichtete zum Stand der Gleisanschluss-Charta 2024, die nun veröffentlicht sei und rief dazu auf, dieses für Gleisanschlüsse nützliche Projekt zu unterstützen, was derzeit schon 59 Verbände und rund zweihundert Unternehmen machten. Man habe in den sechs Jahren seit der ersten Charta noch nicht alle Maßnahmenvorschläge aufgenommen, doch eine Grundsensibilisierung, v.a. bei den Ländern, erreicht. Die Mitarbeit sei in rund 15 regelmäßig online tagenden Arbeitsgruppen für die unterschiedlichen Branchen und Thematiken weiterhin möglich. Auch die neue Einzelwagen-Betriebskostenförderung mit nun rund 60 Eisenbahn-Verkehrsunternehmen, die positive Förderbescheide für 2024 erhalten hätten, ermögliche neue Verkehrskonzepte im Güterverkehr und zeige durch die hohe Anzahl an geförderten EVU, dass ein großes Interesse in der Branche bestehe.

Im zentralen Vortragsblock wurden traditionell nach der Mittagspause die „Aufgaben des Anschlussbahnleiters“ zu den Themen Bahnbetrieb, Bahnanlagen, Fahrzeuge und Eisenbahnrecht behandelt.

Reiner Fuchs von der Bundesnetzagentur brachte „Beispielfälle aus der Praxis zur Eisenbahnregulierung von Werksbahnen“ mit und erläuterte zu Beginn den Unterschied in der „horizontalen“ Regulierung von Eisenbahn im Vergleich zur „vertikalen“ Regulierung im Bereich Post und Telekom. Anschließend zeigte er anhand von Praxisbeispielen, in welchen Fällen Werksbahnen vorliegen und als nichtöffentliche Eisenbahnen mangels einer Vorbehaltserklärung öffnen müssten und in welchen nicht. Bezüglich der geringfügigen Zurverfügungstellung des eigenen Gleisanschlusses für Dritte sei grundsätzlich eine Kapazitätsgrenze von 10 % zu beachten und riet er dazu, bei absehbarer Überschreitung frühzeitig mit der Aufsichtsbehörde in Kontakt zu treten.

Helmut Knebl hob in seinem Erfahrungsbericht „Bahnbetrieb: Erfahrungen eines Eisenbahnbetriebsleiters aus der Praxis – Tipps für eine sichere und aufwandsminimierte Organisation des Gleisanschlusses und Vorbereitung einer Anschlussbegehung durch die Aufsichtsbehörde“ die Wichtigkeit einer regelmäßigen Kommunikation mit den Betriebspersonalen hervor, um den Überblick über den laufenden Betrieb zu wahren und damit der Sicherheitsverantwortung als Betriebsleiter nachzukommen. Da die Eisenbahn in großen Betrieben immer etwas exotisch sei, sei es wichtig, einfache Verhaltensregeln im Gleisbereich für alle dort Tätigen zu verankern.

Nach diesem Blick auf das klassische Tagesgeschäft wagte Frau Dr. Agnes Eiband von der ERFA Gleisanschluss GmbH mit ihrem Referat „Fahrzeuge: Digitale Automatische Kupplung (DAK) in Werksbahnen“ einen Blick in die mögliche Zukunft der Eisenbahnfahrzeuge, wobei die Einführung der DAK gemäß dem bisherigen Zeitplan bis Anfang im Jahre 2028 beginnen werde. Sie verwies auf Hybridkupplungen für Loks wie auch auf das Einführungsszenario eines „Big Bang“, mit dem innerhalb von zwei Wochen ein Großteil der dann vorbereiteten Flotte in Europa umgestellt werden solle. Im Anschluss warb Eiband noch für die ERFA Gleisanschluss, einer Erfahrungsaustauschgruppe, die deutschlandweit mit 49 Gleisanschließer in drei Regionen aktiv sei und der zuvor präsentierten Gleisanschluss-Charta ebenfalls zugearbeitet habe.

Den Themenblock schloss Markus Labusch der BöSha Technische Produkte GmbH & Co. KG mit dem Thema „Infrastruktur: Anforderungen an die Beleuchtung von Werksbahnen“, wobei dieses Thema inzwischen von den Aufsichtsbehörden und Berufsgenossenschaften intensiver betrachtet werde. Nach einer grundsätzlichen Einführung in die Unterscheidung zwischen Gleichmäßigkeit und Ungleichmäßigkeit von Flächenbeleuchtungen erläuterte er die heutigen Möglichkeiten, Beleuchtungen ausreichend und zielgerichtet aufzubauen, um gerade auch künftigen Regulierungen des Naturschutzes zu entsprechen, aber auch in Bestandsanlagen sicher nachzurüsten.

Dr. Hildegard Falter vom Eisenbahn-Bundesamt stellte in ihrem Vortrag „Neues Gleisanschlussrecht – Anforderungen an und Stand der Verfahren auf Anpassung der Infrastrukturanschlussverträge (IAV) aus Sicht der Aufsichtsbehörde“ klar, dass ihre Behörde nicht abstrakt über Musterverträge, sondern immer über Einzelfälle entscheide, sofern keine Einigung zwischen den Vertragsparteien möglich sei. Zudem beschrieb sie, was eine erforderliche Anschlusseinrichtung ist, und wies sie auf die Abgrenzung von Instandhaltung zu Ersatz im AEG hin wie auch darauf, dass es § 13 Abs. 3 AEG verbiete, den Anschlussnehmer bei Instandhaltung in die Pflicht zu nehmen.

Den Schlussvortrag hielt Karl Strang zu den „Grundlagen für Bahnübergänge nichtöffentlicher Eisenbahnen“ mit zahlreichen griffigen Fallbeispielen, nachdem er zunächst darüber aufklärte, in welchen Fällen die Neuanlage oder größere Neugestaltung von Bahnübergängen zulässig sei und welche Grundanforderungen an die Sicherung zu beachten sind. Er hob auch hervor, dass sich ein Vorrang von Schienenfahrzeugen nicht überall automatisch ergebe und rechtlich v.a. bei Anschlussbahnen abzusichern sei.

Das Feedback der Teilnehmer war wieder außerordentlich positiv.

Die 16. Fachtagung für Anschlussbahnleiter findet am 26.11.2025 wieder in Fulda und als Hybridveranstaltung statt; am 25.11.2025 wird wieder zum Stammtisch eingeladen.

Quelle: LKZ Prien GmbH
Bildquelle: Hannes Ortlieb