Kurz nach Firmenfeier:
Massenkündigung bei McMakler
Die Immobilienplattform wird als nächstes Unicorn gehandelt. Nun entlässt McMakler mehr als hundert Angestellte. Das sind die Gründe.
Vor zwei Wochen noch schien die Welt bei der Berliner Immobilienplattform McMakler in Ordnung. Auf Linkedin veröffentlichten Mitarbeitende unter dem Hashtag #OneTeam fröhlich Gruppenfotos mit Kollegen, Anlass war ein Sommerfest im Berliner Szeneclub Spindler & Klatt. Es sei die erste Firmenfeier seit zweieinhalb Jahren gewesen, heißt es von Teilnehmern. Ein Großteil der circa 1.000 Beschäftigten von McMakler – auch aus dem Ausland – sei dort erstmalig zusammen gekommen. „Viele Unternehmen reden davon, eine große Familie zu sein. Wir sind es!“, resümiert eine Angestellte das Event.
Bis zu 120 Beschäftigte betroffen
Doch ganz so harmonisch wie dargestellt läuft es bei dem Startup offenbar nicht. Wenige Tage nach der Firmenfeier gab es bei McMakler nach Gründerszene-Informationen eine Massenentlassung. Mindestens 90 Angestellte, vor allem im HR- und Finanzbereich, sind betroffen. Zudem wurden Verträge, die demnächst auslaufen, nicht verlängert und Praktikantenstellen gekürzt. Insider reden von insgesamt 120 Personen. Das Szeneportal Deutsche Startups hatte zuerst über die Entlassungen berichtet.
Die Betroffenen wurden zuerst zu Einzelgesprächen gebeten, danach gab es ein All-Hands-Meeting, indem die gesamte Belegschaft über den Schritt informiert wurde, wie Gründerszene aus Unternehmenskreisen erfahren hat. Intern seien die Kündigungen mit dem angespannten Immobilienmarkt begründet worden. Angestellte hätten zwar bereits mit Sparmaßnahmen gerechnet, seien aufgrund der Kurzfristigkeit dennoch überrascht gewesen, heißt es weiter.
Auf Nachfrage von Gründerszene bestätigte McMakler zwar die Entlassungen. Auf Details ging eine Sprecherin jedoch nicht ein. Nur so viel: „McMakler ist ein Wachstumsunternehmen, auch wir achten jedoch auf Kostenkontrolle. Derzeit erleben wir eine sich verändernde Situation des gesamtwirtschaftlichen Umfeldes, die wir frühzeitig in Betracht ziehen müssen“, heißt es.
An der Schwelle zum Unicorn
McMakler wird in der Branche als künftiges Unicorn gehandelt – ein Startup mit Milliardenwert. Seit der Gründung im Jahr 2015 ist rund eine Viertelmilliarde € in die Immobilienplattform geflossen. Bei der letzten Finanzierung im Januar bewerteten Investoren das Proptech mit 800 Millionen €.
Die Idee von McMakler ist es, Tätigkeiten rund um das Immobiliengeschäft zu digitalisieren. Bislang fielen bei der Vermittlung von Wohnungen oder Büroflächen noch viele manuelle und wiederkehrende Aufgaben an. Dazu zählt etwa, ein Exposé der Wohnung zu erstellen, sich um Fotos zu kümmern oder Termine zu koordinieren. Bei diesen Aufgaben hilft McMakler mit technischen Tools. Dazu beschäftigt McMakler mehr als 450 eigene Immobilienvermittler. Der Umsatz in 2021 lag nach Angaben des Unternehmens bei 92 Millionen € – ein Plus von 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Krisenstimmung bei vielen Tech-Firmen zwingt McMakler nun aber offenbar zur Vorsicht. Firmen mit zuletzt starkem Wachstum richten ihren Finanzplan auf Profitabilität aus, sparen so gut es geht – beim Personal ist das besonders wirksam. Für McMakler erschwerend hinzu kommt die Unsicherheit am Immobilienmarkt. Steigende Zinsen und Baukosten dämpfen die Nachfrage nach Immobilien.
Das sagt ein Branchenexperte zu den McMakler-Entlassungen
Nikolas Samios, Investor und Partner beim Berliner Branchen-VC Proptech1, sieht darin allerdings allenfalls einen kurzzeitigen Effekt.
„Natürlich gab es in den vergangenen Monaten einen sehr kräftigen Anstieg der Zinsen. Allerdings von einem historisch niedrigen Niveau“, sagt Samios zu Gründerszene. Die Zinsen näherten sich jetzt langsam der Normalität an. „Ferner ist die Nachfrage, gerade nach Wohnimmobilien in den deutschen Top-Städten, schon qua Verknappung in den letzen Jahrzehnten praktisch nie längerfristig zurückgegangen.”
Dass könnte sich fortsetzen. Denn Menschen, die nun vom Kauf einer Immobilie zurücktreten, drängen in den Mietmarkt. So steigt der Druck weiter.
Das Kerngeschäft von McMakler sieht der Samios jedenfalls nicht gefährdet. Im Gegenteil:
„Wir reden beim Maklergeschäft von Warenkörben zwischen 200.000 und 500.000 € mit hohen Provisionen. Das ist für vermittelnde Unternehmen weiterhin hochattraktiv, vor allem, wenn man wie McMakler Effizienzen mit einer digitalen Plattform hebt“.
Die Konkurrenz in diesem Bereich sei jedoch groß. Eine baldige Konsolidierung zwischen einzelnen Wettbewerbern hält Samios daher für wahrscheinlich.
McMakler wurde in der Vergangenheit zudem öfter mit einem Börsengang in Verbindung gebracht. Gut möglich, dass sich das Unternehmen deswegen mit den Entlassungen solider aufstellen will. Den jetzt gekündigten Mitarbeitenden hilft das nicht mehr. Sie sollen Abfindungsangebote unterschreiben.
Geschrieben von Daniel Hüfner und Lisa Ksienrzyk
Dieser Artikel wurde zuerst auf dem Portal businessinsider.de veröffentlicht.